Ein Mann gibt bei seiner Visite in der Bahnhofsmission an, er sei obdachlos und brauche ein Bett für die kommende Nacht. Oder gern auch für länger.
Solche Situationen gibt es gar nicht so selten. Was also tun?
E i n e Möglichkeit ist, ihn an die Heilsarmee zu verweisen, die u.a. Notschlafstellen hat. Für den Weg in die Eisenacher Straße gibt es einen kleinen Wegweiser dorthin. Dann ist Eigeninitiative gefragt.
Nun ist es gut, Einrichtungen einmal mit eigenen Augen zu sehen, in die man sonst eher die Leute schickt, die dort gut aufgehoben sind, für eine Nacht oder länger.
Also war kürzlich eine Gruppe von Mitarbeitenden der Bahnhofsmission im Sozial-Center der Heilsarmee und hat sich informieren lassen.
Mit dabei: die Leiterin der Einrichtung Sylvia Remmert und der Pädagogische Leiter des Sozial-Zentrum Lars Hunold.
Die haben uns berichtet, was sie zuvor schon etliche Male anderen erzählt haben, u.a. auch einer Redakteurin unserer HNA, die am 30. August von dem Sozial-Center berichtete, aus Anlass des 50jährigen Bestehens der Einrichtung.
Ich zitiere hier die Autorin des HNA-Artikels, Christina Hein, mit einigen Kernaussagen, die klarmachen, worum es bei diesem Wohnheim geht.
„In all den Jahrzehnten haben hier Tausende ein Obdach gefunden und Hilfe erfahren“, schreibt Christina Hein. Dabei habe sich das Klientel, so Lars Hunold, der pädagogische Leiter der Einrichtung, „vom Berber, dem klassischen Tippelbruder, der als Obdachloser umherzieht, hin zu den örtlichen Wohnungslosen verschoben“.
Christina Heim weiter: „Sie haben häufig mit Sucht und psychischen Erkrankungen zu kämpfen. Insgesamt können 48 Männer stationär aufgenommen werden. Weitere zehn Plätze stehen in der Übernachtungsabteilung zur Verfügung. Sie wohnen in möblierten Einzelzimmern auf drei Etagen.
Sanitärräume werden gemeinschaftlich genutzt.
Dabei gehe es nicht um die reine Unterbringung von Menschen, die kein Obdach haben, so erklärt die Leiterin Sylvia Remmert. Es gehe darum, die Ursachen zu ermitteln, die zu den prekären Lebensverhältnissen geführt haben. Danach werden Lösungsmöglichkeiten erarbeitet.
Dabei gelte es, die Männer zur Annahme und Umsetzung der Hilfen, die zur Verbesserung ihrer Situation beitragen, zu motivieren.
Sylvia Remmert nennt das „Stabilisierung und Verbesserung der Lebenssituation,
Klärung perspektivischer Wohnmöglichkeiten und gegebenenfalls Vermittlung dorthin.“
Was die Hilfe der Heilsarmee kennzeichnet, ist dabei eine schnelle und unbürokratische
Hilfe: „„Wir nehmen jeden sofort auf und schauen dann, wie wir helfen können.“
Priorität habe die „sofortige Abwendung von Wohnungslosigkeit“.
Die Fachwirtin für Gesundheit und Sozialwesen Sylvia Remmert ist seit 1999 im Sozial-Center tätig, seit 2019 ist sie die Leiterin.
Auch Remmerts Eltern, die Kommandeure bei der Heilsarmee, Horst und Helga Charlet, haben das Sozial-Center in der Unterneustadt über viele Jahre geleitet.
Helga Charlet ist heute noch seelsorgerisch im Heim tätig. Zwei Mal in der Woche bietet die Heilsarmee den Bewohnern eine Andacht an. Im Gegenzug ist Alkoholkonsum an der Losse strikt verboten.
Insgesamt 30 Mitarbeiter sind für das Sozial-Center im Einsatz. Ziel sei, dass die Klienten selbstständig leben. Das klappe nicht immer und dann sei der stationäre
Bereich da, „um die Menschen aufzufangen“, so Remmert.
Es werden zwei Gruppen von Bewohnern unterschieden: einmal diejenigen Männer in besonderen
sozialen Schwierigkeiten, die nur zeitlich begrenzt untergebracht sind, denen Hilfen angeboten wird, damit sie ihr Leben wieder selbstständig bewältigen können. Kostenträger ist hier der Landeswohlfahrtsverband.
Dann sind da die Männer, „Kasseler Bürger“, die kaum Perspektiven auf ein eigenständiges Wohnen haben, die – obwohl kein Pflegefall – auf eine stationäre Unterbringung und Betreuung angewiesen sind. Mit dem Sozialamt der Stadt Kassel besteht darüber eine
entsprechende Kostenvereinbarung gemäß SGB XII.“
Was ich mir gemerkt habe bei unserem Besuch in der Eisenacher Straße ist dies:
Aufnahme und Notübernachtung rund um die Uhr
7 Tage dauert die „Clearing-Phase“, ob jemand im Sozial Center bleiben darf oder weitervermittelt wird.
Zur Vermittlung von Wohnraum gibt es den Kontakt mit der Zentralstelle Wohnen der Stadt Kassel (Rathaus)
36 Mitarbeitende in Voll- und Teilzeit gibt es, davon 14 im Sozialdienst
Die längste Bleibezeit im Haus sind 2 Jahre, in Ausnahmefällen 3 Jahre.
Die Beratung, was Ämter angeht, passiert im Wohnheim durch Sozialarbeiter
Wer Bürgergeld erhält und im Sozial-Center wohnen will, muss seine staatlichen Leistungen abgeben und erhält ein Taschengeld. Dem entgegen stehen die Leistungen, die im Haus in Anspruch genommen werden können.
Wer keine Leistungen erhält, hat Anspruch auf den „Tagessatz“ von 17,- Euro, den man sich im Panama bei der Sozialen Hilfe abholen kann. Wer im Sozial-Center Vollverpflegung in Anspruch nimmt, bekommt einen „abgespeckten Satz“.
Einzelbedarf: „Wir gucken bei jedem Einzelnen: Was braucht dieser Mensch?“
Festbewohner – 50 Plätze stehen zur Verfügung. In möblierten Einzelzimmern.
Frauen, die wohnungslos sind oder in ungesicherten Verhältnissen leben, die sich Unterstützung wünschen und die ihre Lebenssituation aktiv verbessern wollen, werden in einer Übergangseinrichtung Am Donarbrunnen 32 untergebracht. .
Einzelzimmer in ruhiger Umgebung Hier wird die persönliche Situation der Frauen in den Blick genommen und ihnen praktische Hilfe für den Alltag angeboten. Außerdem Suche und Hilfe bei der passenden Einrichtung einer eigenen Wohnung.
Mahlzeiten – Es gibt drei Mahlzeiten am Tag
Eine Tagestruktur kann im Haus nicht angeboten werden.
Psychiatrische Sprechstunde alle 14 Tage
Ein praktischer Arzt kommt alle 4 Wochen
Wöchentlich gibt es vom Sozial-Center einen „Suppentopf“ auf dem Martinsplatz,
die Fahrenden Ärzte sind dort donnerstags präsent
Einschließlich dem „Betreuten Wohnen“ werden gegenwärtig 115 Personen vom Sozial-Center betreut. Alter: 20-80 Jahre.
Das Sozial-Center der Heilsarmee in der Eisenacher Straße (oben) und das Übergangshaus für Frauen Am Donarbrunnen (unten)
Die Gemeinde der Heilsarmee ist Graben 12, neben der Markthalle.
Kontakt: kasselkorps@heilsarmee.de, Google: Heilsarmee Kassel Graben. Ansprechpartner sind im „Korps Kassel“ Michael und Sabine Geymeier, in der Rangordnung der Heilsarmee Major und Majorin. Die beiden Einrichtungen arbeiten unabhängig voneinander.
Gegründet wurde die Heilsarmee 1865 in London.
Den Gründer William Booth (1829-1912) berührte die soziale und seelische Not der Menschen seiner Zeit tief. Sein Prinzip war: Die Kirche muss zu den Leuten gehen. Und sein Grundsatz: Suppe, Seife, Seelenheil. In dieser Reihenfolge.
Gut, dass wir dort waren und uns persönlich ein Bild machen konnten von dieser Einrichtung.
Wir freuen uns auf den Gegenbesuch des Sozial-Centers bei uns in der Bahnhofsmission.
Standort der Gemeine der Heilsarmee, Im Graben 12, Kassel, neben der Markthalle
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