26. Oktober 2025
„Heile du mich Herr, so werde ich heil, hilf du mir, so ist mir geholfen“ (Jeremia 27,14)
Außer in Berlin und Hessen, wird in allen Bundesländern entweder der evangelische Reformationstag am 31. Oktober oder der katholische Feiertag „Allerheiligen“ am 1. November begangen. Viele Menschen in unserem Land verbinden nicht mehr viel mit diesen Feiertagen, so dass hin und wieder auch Forderungen nach Abschaffung vor allem des Reformationstages gestellt werden, zuletzt sogar von einer bekannten Vertreterin der Christlich Demokratischen Union.
Lässt sich der Sinn von Feiertagen nur an bestimmten Ritualen wie Gottesdienstbesuch oder Besuche bei Heiligenbildern ablesen? Oder haben beide Feiertage nicht auch etwas ganz tief Menschliches zum Inhalt, das sich zu entdecken lohnt?
Der einstige Augustinermönch Martin Luther wollte mit seinem Thesenanschlag an der Wittenberger Schlosskirche am 31. Oktober 1517 auf etwas existentiell Wichtiges hinweisen, das eine ungeahnte Wirkung entfaltet. Im verständlichen Wort der Bibel ist eine Dimension des Lebens enthalten, die Lebenssinn und Zuversicht verleiht, die wir Menschen uns nicht selbst geben können. Martin Luther hat daraus eine klare menschliche Haltung bezogen, die seither ansteckend ist. Heilige sind Menschen, die aus dieser Haltung, die sie aus der Bibel bezogen, Vorbilder an Menschlichkeit und Zuwendung geworden sind: Mutter Theresa, die ihr Leben ganz für andere Menschen einsetzte oder Franz von Assisi, der vorbildlich Menschen und Schöpfung zusammen dachte und entsprechend lebte, kennen fast alle.
Menschen können auf andere Menschen heilend wirken, indem sie sich ihnen zuwenden und das für sie Passende tun. Heil werden, im Sinne von einen tiefen inneren Halt zu haben oder existentielle Verankerung in ein Leben, das man sich nicht selber geben kann, zu erhalten, das kann man sich nicht selber machen. Das ist ein Geschenk, das durch die Begegnung mit dem göttlichen Wort der Bibel erhalten werden kann. Das wusste Martin Luther, und aus dieser Kraftquelle lebten die Heiligen.
Wer aus dieser Quelle lebt, kann für andere Menschen zu einem oder einer Heiligen werden, denn tief ist im Bewusstsein solcher Menschen,dass im Leben eine Hilfe verborgen ist, die zur Kraftquelle wird.
Ich denke, das ist eine wunderbare Erkenntnis, die gerade in so schwierigen Zeiten, wie wir sie gegenwärtig erleben, ihre Wirkung entfalten kann. Das kann auch durch Begegnungen in unseren Bahnhofsmissionen geschehen. Daher ist an den besonderen Feiertagen allemal festzuhalten. Sie regen dazu an, das, was im Leben wirklich wichtig ist, zu entdecken.
Klaus-Dieter Kottnik, Vorsitzender der Bahnhofsmission Deutschland, e.V.

